[update] Bedingt durch Covid musste das Theater nach 26 Jahren schließen.
Heute Abend wollten wir Spaß und Kultur im Schattentheater in der 99./Ecke 484. Straße in Phnom Penh verbinden! Wir hatten Eintrittskarten für eine Vorstellung des berühmten Schattentheaters‚ Sovanna Phum Arts Association‘, die wir für 10 USD pro Person erworben hatten.
Es war eine Fahrt über rund 5 Kilometer mit dem Tuk-Tuk vom Sun&Moon Urban Hotel in der 136. Straße, wo wir damals in einem Appartement gegenüber wohnten, bis zum Theater.
Das wichtigste Utensil –
handgefertigte Bildtafeln aus Leder!
Im Vorfeld hatten wir uns schon ausführlich informiert über diese uralte Form des Theaters, Ikon Sbek Thom ល្ខោនស្បែកធំ, Schattentheater! Ein Erbe der alten Khmer!
Große Figurentafeln aus Pergament (Leder) – von Hand mühsam und aufwändig gestaltet – werden vor eine Lichtquelle gehalten und auf einer großen Leinwand (meist aus Tüchern) als Schatten sichtbar.
Auf die Figurentafeln – oftmals viele Jahrzehnte alt und in großen Ehren gehalten – war ich besonders neugierig. Die Kunst, sie herzustellen, gilt als eine der alten Künste am Hof der Khmer-Könige.
Darsteller halten die Tafeln an Stangen und bewegen sich gemäß der Musik, entsprechend der Geschichte, die gerade erzählt wird. Weiter gibt es Darsteller ohne Figurentafeln, aber mit Masken.
Ohne Licht kein Schatten!
Früher waren die Lichtquellen verschiedene offene Feuer, heute erledigt das meistens elektrisches Licht. Nur auf dem Land sieht man ab und zu noch brennende Lagerfeuer. Nicht selten vor der großartigen Kulisse von Angkor Wat.
Ich hatte vorher gelesen, dass das Schattentheater bereits seit Beginn der Blüte der Khmerkultur im 9. Jahrhundert existierte. Auch in Thailand gibt es das Schattentheater, was in jüngster Zeit zu einem größeren Disput über Ursprung und Originalität geführt hat. Doch davon später mehr.
UNESCO – Immaterielles Weltkulturerbe der Menschheit
Wie schon angedeutet, entspann sich ein Streit zwischen Thailand und Kambodscha darüber, wer denn nun das ältere und das originale Schattentheater besitzt. 2008 wurde das ‚Sbek Thom‘ als Kulturerbe der Khmer auf Antrag Kambodschas in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit der UNESCO aufgenommen.
‚Sbek‘ bedeutet in diesem Zusammenhang auf Khmer ‚Haut‘ oder ‚Leder‘, ‚Thom‘ heißt ‚groß‘, also die ‚Große Haut‘.
Interessanterweise gibt es – vor allem in Thailand gebräuchlich – auch noch ein Schauspiel mit kleineren Figurentafeln, das es manchmal auch in Kambodscha zu sehen gibt – ‚Sbek touch‘, logischerweise dann die ‚Kleine Haut‘.
Die eigentliche Übersetzung der Khmer-Bezeichnung des Schattentheaters ‚Robam lang Sbek thom‘ – TANZ DER GROSSEN HAUTFIGUREN – lässt erahnen, dass es hier nicht um einzelne, ausgestellte Bildplatten geht, sondern dass alle Darsteller, alle Bildtafeln und auch die Maskenträger im Sinne einer Geschichte eine Einheit bilden.
Zurückgeführt werden alle Schattentheater in Südostasien auf indische Vorbilder. Frühe Immigranten aus Indien brachten diese Kunstform wohl über Sumatra, Java, Malaysia nach Funan, das in etwa dem heutigen Gebiet Kambodschas entspricht.
Das kambodschanische Epos „Reamker“
Zentrales Thema des Schattentheaters sind Episoden aus dem REAMKER, der kambodschanischen Version des indischen Epos ‚Ramayana‘.
Da dieses Epos die Grundlage für das Schattentheater bildet, wollte ich zumindest grundlegende Dinge darüber wissen.
Zentrale Figur des Reamker ist Rama, eine Inkarnation des Gottes Vishnu. Die Legenden seines Lebens werden hier erzählt. Ebenso ist das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse in der Welt Gegenstand der Erzählungen.
TIPP:
Wer einmal in den Königspalast kommt und dort die Silberpagode besichtigt (und das sind wohl fast alle Besucher, die nach Phnom Penh kommen), sollte nach einer langen bunt bemalten Wand Ausschau halten. Diese Malerei erzählt ebenfalls die Legenden aus dem Epos ‚Reamker‘
Der Spaß beginnt …
Ausgerüstet mit jeder Menge Internet-Wissen wollten wir nun mit eigenen Augen sehen, was man sich unter Schattentheater vorzustellen hat. Diese Aufführung in Phnom Penh war insofern nicht ganz authentisch, da traditionelles Schattentheater immer im Freien aufgeführt wird, mit echten Lagerfeuern zur Schattenerzeugung, oft im Hof eines nahen Klosters oder sogar vor der überwältigenden Silhouette von Angkor Wat!
Als wir den großen Spielraum betraten, war unser erster Eindruck – viele Kinder! Auch wir hatten welche dabei. Prima, wenn kambodschanische Kinder auf diese Weise Spaß und Kultur erleben und hier im Schattentheater wie beiläufig miteinander verbinden. Wir nahmen Platz – die seitlich sitzende Kapelle ebenso – und warteten.
In der nächsten halben Stunde waren wir voll Begeisterung für dieses besondere Theater. Epen wie „Die Geschichte von Angkor Wat“, Ränkeschmiede um das Erbe des Khmer-Thrones, Mythen um Liebe, Tod und heldenhafte Kämpfe entfalteten im Schein der Lampen einen ganz eigenen Zauber. Und obwohl alles nur Schatten war, erwachten die Bilder doch zu einem seltsamen (er)Leben.
Zum Schluß erschien Hanuman, der affenköpfige Hindu-Gott, erkennbar an seiner Maske und entschied den ewigen Kampf – natürlich für das Gute! Die Kinder hatten enorm viel Spaß und für sie war Hanuman der absolute Favorit!
Es war eine knappe sehr kurzweilige und unterhaltsame Stunde. Die Kinder hatten ihren Spaß, die Erwachsenen Spaß und Kultur. Und – wir waren doch froh darüber, dass dies keine authentische Aufführung des Reamker war. Noch vor wenigen Jahrzehnten dauerten Aufführungen wie diese viele Tage! Vor der Zeit, als es Fernsehen gab, war die Teilnahme als Zuschauer am Schattentheater für einige Zeit die abendliche Unterhaltung, die tägliche Portion Spaß und Kultur!
Die Aufführungspraxis zum Anfassen!
Alle durften nach der Vorstellung hinter die Bühne und die ledernen Bildtafeln genau in Augenschein nehmen. Wenn man eine in die Hand nimmt, kann man sich vorstellen, dass alleine das Gewicht den Tänzern körperliche Höchstleistung abfordert. Meist ca. 1,5 bis 2 Meter hoch und breit, wiegen sie schon einige Kilogramm – obwohl es nur Leder ist!
Ganz wichtig: die Musik!
Beim Hinausgehen konnten wir auch einen näheren Blick auf die Musiker und ihre Instrumente werfen, sehr wichtig für das Schattentheater. Traditionelle Instrumente, von den meisten wußten wir keine Namen, erzeugen den musikalischen Rahmen für die Aufführung.
Auf jeden Fall war es ein Riesenspaß für Groß und Klein. Und auch für die Darsteller, obwohl sie es sicher schon viele Male aufgeführt haben, ist es immer wieder ein Eintauchen in die eigene Khmer-Kultiur!
Voller neuer Eindrücke suchten wir unseren Tuk-Tuk-Fahrer, der – wie in Kambodscha üblich – auf seine Fahrgäste bis nach der Vorstellung gewartet hatte. Nach so viel Spaß und Kultur im Schattentheater hatten wir guten Hunger und es wurde ein Restaurant gesucht.
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