Lange geplant und immer wieder verschoben – ein Besuch des bedeutenden Tempels Prasat Preah Vihear ប្រាសាទព្រះវិហារ. Traurige Berühmtheit erlangte er als Ort von militärischen Grenzstreitigkeiten zwischen den anliegenden Staaten Thailand und Kambodscha. Im Norden Kambodschas im östlichen Dongrek Gebirge gelegen – das auch den Grenzverlauf bildet – findet man den Tempel hoch oben auf ca. 670 Meter ü.M. auf einer felsigen Anhöhe.
Der historische Überblick
Der Tempel ist Shiva gewidmet und führt in 5 Plateaus in steilen Treppen nach oben bis zum zentralen Heiligtum. Die Geschichte des Tempels reicht bis ins 9. Jahrhundert zurück, als Jayavarman II. mit dem Bau begann. 5 Nachfolger bauten weiter bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts, als die letzten Bauarbeiten von Jayavarman VII. vorangetrieben wurden. Architektonisch ist die Anlage von besonderem Interesse, die Steinschnitzereien der Türgiebel sind von besonderer Qualität.
Der Tempel ist für viele Kambodschaner von großer geschichtlicher Bedeutung. Ausgrabungen haben belegt, dass in früherer Zeit große landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet wurden und auch eine größere Bevölkerungsanzahl hier ihr tägliches Auskommen fanden.
Der Tempel von Preah Vihear befindet sich am Rande eines Gebietes, das die Ebene des nördlichen Kambodscha beherrscht. Er besteht aus einer Reihe von Schreinen, die durch ein System von Dämmen und Treppen verbunden sind, die sich entlang einer Achse von 800 m erstrecken, und stammt aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Begonnen hat alles mit einer Einsiedelei im 9. Jahrhundert. Aufgrund der sehr abgelegenen Lage ist die Gesamtanlage besonders gut erhalten.
Das UNESCO-Weltkulturerbe und erneut – Konflikt mit Thailand!
Nach der Unabhängigkeit von Frankreich wurde das Tempelgebiet 1953 von Thailand besetzt. Kambodscha intervenierte beim internationalen Gerichtshof von Den Haag, der 1962 den Tempel Kambodscha zuerkannte. 1975 bis zum Tode von Pol Pot 1998 besetzten die Roten Khmer das Gelände. Durch die Unwegsamkeit des Geländes konnten sich die Roten Khmer sehr lange dort halten. Erst 1998 gaben sie auf.
Und 2008 flammten erneut Grenzstreitigkeiten auf, als Kambodscha einen Antrag stellte, die Tempelanlage in das Weltkulturerbe der UNESCO aufzuenhmen. Dem Antrag wurde stattgegeben und Preah Vihear als kambodschanisches Weltkulturerbe registriert. Wütende Proteste aus Thailand aber auch in Kambodscha selbst waren die Folge. 2003 wurde die thailändische Botschaft in Phnom Penh niedergebrannt, als bekannt wurde, Thailand würde erneut Anspruch auf den Tempel erheben.
Zurück blieben Wälle aus Sandsäcken als Geschützunterstände, Bunker und Soldaten, die teilweise seit 20 Jahren mit ihren Familien auf dem Berg ausharren und ihn bewachen. Übernachten auf dem Berg oder im Tempelgelände ist ansonsten für Kambodschaner und Touristen verboten. Lässt man den Blick in die nähere Umgebung den Abhang hinunter schweifen, schaut man auf thailändisches Staatsgebiet hinab.
Man könnte der Meinung sein, wozu so viel Streit um 5 km Dschungel? Letztlich geht es aber um viel tiefer liegende Dinge. In der Blütezeit des Khmer-Reiches und seiner größten Ausdehnung waren viele Khmer Tempel auf heute thailändischem Gebiet.
Auf in Richtung Preah Vihear!
Ausgehend von Stung Treng, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, fuhren wir früh morgens über Tbeang Mean Chey nach Preah Vihear. Die Straße ist nicht die beste, aber gut befahrbar. Trotzdem sollte man für die 250 km lange Strecke und die angegebenen 4 Stunden Fahrtzeit mehr Zeit einplanen. Natürlich gibt es auch andere Zufahrtsstrecken, zum Beispiel von Siem Reap aus. Von dort gibt es auch touristisch begleitete Ganztagesausflüge, seltener auch mit Übernachtung.
- Ticket: 10 USD für Touristen
- Auto mieten: 35 USD inkl. Fahrer und Wartezeit
Der Berg selbst ist nicht mit normalen Fahrzeugen befahrbar. Man muss zu einem Parkplatz mit Wachposten am Fuß des Berges fahren und dort ein Auto mieten (35 Dollar). Allradgetriebene Fahrzeuge mit einem Fahrer sind notwendig, die teilweise extremen Steigungen zu überwinden. Die Fahrer warten dann am unmittelbar am Fuß des Berges. Für einen kompletten Aufstieg sollte man 3-4 Stunden – je nach Fitness – einplanen. Nachdem man mit dem Auto am Fuß des Tempels ankam, wohlgemerkt.
Die Eintrittskarten werden unterwegs kontrolliert und auch nochmal bei der Ankunft am Fuß der Tempelanlage. Neben den üblichen Verkäuferinnen für Tempelgaben – man darf nicht vergessen, Preah Vihear ist eines der großen religiösen Heiligtümer für Kambdschaner – wird auch Kaffee verkauft. Ich verstand zuerst den Sinn nicht, als unser Fahrer mir ein Päckchen gemahlenen Kaffee verkaufen wollte. Gedacht war er für die Soldaten, die die Tempelanlage bewachen. Sie sind schlecht bezahlt und schlecht versorgt und dankbar für solche Kleinigkeiten. Also – für 5 Dollar gekauft und einen älteren Soldaten damit froh gemacht!
Eine überraschende Begegnung
Der Aufstieg gestaltete sich ziemlich schwierig, eine sehr schweißtreibende und anstrengende Angelegenheit. Schatten gibt es nicht und es geht immer nur in eine Richtung über die 5 Ebenen – bergauf! Die steilsten und in schlechtestem Zustand befindlichen Treppen wurden überbaut mit Holzstufen. Dort geht es dann etwas leichter. Vom Ehrgeiz beflügelt und am 4. Plateau angekommen, trafen wir eine Gruppe älterer Kambodschaner. Sie sprachen alle – englisch! Und wie ich heraushören konnte, schallte mir da american slang entgegen. Ich war neugierig. Ein alter Mann gab mir bereitwillig Auskunft und es entwickelte sich eine außergewöhnliche Begegnung. Er war über 40 Jahre in der Nähe von Washington in Diensten der Regierung. Jetzt, schon lange in Pension, besucht er das Land seiner Vorfahren – mit 93 Jahren. Abgesehen von der unglaublichen Leistung, dass ein 93jähriger diese doch große Anstrengung, vor der viele jüngere kapituliert hätten, meisterte, hatte er auch seine gesamte Familie dabei. Eine wirklich außergewöhnliche und tolle Begegnung. Offensichtlich war ich derzeit auch der einzige Europäer hier. Vor allem am Wochenende wird der Tempel als beliebtes Ausflugsziel von Kambodschanern benutzt.
Endlich im zentralen Heiligtum auf dem Gipfel des Tempelberges
Angekommen auf dem Gipfel des Tempelberges bot sich ein Panorama, das alleine schon für die Mühen des Aufstieges mehr als entschädigte. Die Blicke auf die umgebende Landschaft waren atemberaubend.
Ich konnte keine europäischen Touristen sonst entdecken, einige Kambodschaner standen in Gruppen herum. Aber auch hier – uniformierte Polizisten, die aber sehr nett waren und gerne Fragen beantworteten. Die eigentliche, wichtige Frage aber wurde nicht beantwortet – wie schafften es die alten Khmer, die hier gebrochenen Felsquader an Ort und Stelle zu bewegen? Elefanten – sicher! Aber einen 11-Tonnen-Stein bewegt auch kein Elefant, vielleicht mehrere. Es ist auf jeden Fall eine großartige Leistung, die hier und sonst überall in Angkor vollbracht wurde.
Früher soll im zentralen Heiligtum ein Lingam und eine vergoldete Figur von Shiva gestanden haben. Leider – beides verschwunden. Ein Mönch sitzt vor dem Eingang und wartet auf Gläubige zur Segnung.
Nach einem ausgiebigen Rundumblick gingen wir etwas abseits der offiziellen Pfade wieder nach unten. Allerdings sollte man hier auch unbedingt die ausgetretenen Pfade benutzen, wo man deutlich erkennen kann, dass vorher schon Menschen vorbeigegangen sind. Das Vorhandensein von Minen kann auf dem Tempelgelände nicht ausgeschlossen werden.
Unser Fahrer nahm uns dann müde, naß aber zufrieden wieder in Empfang und es ging wieder hupend nach unten zum Parkplatz. Aufgrund des noch frühen Nachmittags beschlossen wir, direkt nach Siem Reap durchzufahren und nicht mehr in der Nähe zu übernachten. Das würde zwar eine Ankunft spätabends in der Dunkelheit bedeuten, aber wir gewannen dadurch einen Tag in Siem Reap.
Anreise zum Prasat Preah Vihear
Am besten ist der Prasat Preah Vihear mit dem Taxi zu erreichen. Ca. 4-5 Stunden braucht es für die gut 200 km lange Strecke.
Von Tbeng Meanchey, die Hauptstadt der Provinz Preah Vihear, sind es ca. 2 -3 Stunden.
Die Preise unterscheiden sich je nach Fahrer, welches Auto er fährt und ob Du ein privates Taxi oder mit anderen Fahrgästen in einem Taxi fährst. Wir empfehlen, ein privates Taxi oder Minivan zu nehmen. Oder Du reist mit dem Motorrad. Was es dazu alles braucht, erfährst Du bald hier bei Visit Angkor :)
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Es freut mich sehr, wenn der Beitrag bei Dir ein wenig Sehnsucht geweckt hat, den Tempel, die Gegend und die Geschichte näher in Augenschein zu nehmen. Vielen Dank und liebe Grüße, Rüdiger.
Boah Rüdiger, die Begegnung mit dem alten Mann und seiner Familie in dieser Umgebung wirst du bestimmt nicht vergessen! Es sind diese Augenblicke die jede Mühe aufwiegen und mit nichts zu vergleichen sind.
Ja, diese weltweiten Grenzstreitigkeiten um Kulturgüter und vermeintlich falsche Grenzziehungen führen immer wieder zu Leid und Krieg (Ukraine, Armenien etc). Dazu hat der kenianische Diplomat Martin Kimani vor der UN zu Beginn des Ukrainekrieges eine wunderbare Rede gehalten: https://www.youtube.com/watch?v=-ipKdQv2Has
Allerdings hält sich mein Optimismus, dass wir als Menschheit/Gesellschaft dazulernen in Grenzen…..
Ich freue mich jetzt schon auf meine nächste Kambodscha Reise….solche Berichte spornen mich an ;-)
Beste Grüsse!!
Hallo Heiner, es freut mich sehr, dass Dir der Beitrag gefällt. Und noch mehr, dass er – zumindest Dich – zum Nachdenken anregt. Geht es doch nur um ein Stück Erde, wofür aber Menschen starben und Nationen sich entzweien. Ich gebe Dir Recht – wann endlich wird die Menschheit im Großen und im Kleinen dazulernen? Ich glaube, sie werden es müssen, wenn sie auf Dauer überleben wollen.
Liebe Inga, wie immer wunderschöne Fotos und informative Berichterstattung. Danke und lieben Gruß