Im Herbst 2015 hatte ich das große Glück, das Pchum Ben Fest hautnah erleben zu dürfen und habe darüber bereits hier im Blog berichtet. Doch was feiern die Kambodschaner eigentlich mit Pchum Ben? Darüber berichtet dieser Artikel.
Was für ein Fest ist Pchum Ben?
Pchum Ben (Khmer: បុណ្យភ្ជុំបិណ្ឌ), auch bekannt als ‚Tag der Vorfahren‘, ‚Fest der Toten‘ oder ‚Fest der hungrigen Geister‘, ist ein 15-tägiges kambodschanisches religiöses Fest, das am 15. Tag des zehnten Monats im Khmer-Kalender seinen Höhepunkt findet und das Ende der buddhistischen Fastenzeit markiert. Bis zu sieben Generationen gedenken die Kambodschaner ihren Vorfahren während des Festes.
Das Pchum Ben Fest beginnt am ersten Tag des abnehmenden Mondes im Monat Putrobut. Die ersten 14 Tage des Festivals heißen Kan Ban (beobachtendes Fest). Pchum Ben am 15. Tag ist der Beginn eines dreitägigen offiziellen Feiertages in Kambodscha. Nach unserem gregorianischen Kalender wechselt der der Zeitpunkt von Pchum Ben von Jahr zu Jahr.
- 2022 – 24. – 27. September
- 2023 – 13. – 16. Oktober
- 2024 – 01. – 03. Oktober
Die Geschichte von Pchum Ben
In der Khmer Sprache steht „Pchum“ für „versammeln“ und „Ben“ ist ein Essensball, zum Beispiel Reis oder Fleisch. Manchmal wird es auch „Brochum Ben“ genannt. Das Fest gehört zu den wichtigsten Feierlichkeiten im religiösen Kalender der Khmer und das ganze Land ist auf den Beinen, weil alle ihre Familien besuchen wollen. So kann es vorkommen, dass manche Restaurants in Siem Reap und anderswo in Kambodscha geschlossen sind, damit die Kambodschaner Zeit haben, an Pchum Ben bei ihren Familien zu sein.
Das Pchum Ben Fest geht auf die angkorische Zeit zurück, als die Menschen noch dem Animismus folgten. Also der Glaube, dass Gegenstände, Naturphänomene und selbst das Universum eine eigene Seele besitzen. Letztendlich wurde der Animismus durch den Buddhismus als führende Religion ersetzt. Da aber auch der Buddhismus genauso wie der Animismus den Respekt vor den verstorbenen Vorfahren betonen, blieben die alten Bräuche unter der neuen Religion bis in die heutige Zeit bestehen.
Früher mussten buddhistische Mönche überall hinlaufen, um Almosen zu erbitten, ganz gleich wie schlecht das Wetter war. Später während seiner Regierungszeit versorgte König Jayavarman VII (1181–1218) die Mönche mit Kleidung, Nahrung, Unterkunft und Medizin. Der König war ein starker Fürsprecher des Buddhismus und er erkannte, dass die Mönche auf heftigen Regen, Gewitter, Blitze und Winde trafen und auf den matschigen Wegen immer wieder hinfielen. So appellierte König Jayavarman VII an sein Volk, den Mönchen während dieser Zeit Nahrung und andere grundlegende Dinge für das tägliche Leben anzubieten. Außerdem erklärten buddhistische Anhänger, dass es von persönlichem Vorteil sei, den Mönchen Almosen anzubieten.
Schriften über Pchum Ben
So kam es, dass immer mehr Menschen den Mönchen Almosen anboten. Dieser Trend führte zur Entstehung einer weiteren Schrift über das Pchum Ben Festival. In der Schrift steht geschrieben, dass es einen mächtigen alten Mönch gab, der die lodernde Hölle besuchen konnte. Wenn er die Hölle besuchte, erschien auf seinem Weg ein offener Lotus – so groß wie ein Holzrad eines kambodschanischen Ochsenwagens. Der Mönch konnte also durch die Hölle fliegen, ohne jemals an den Flammen zu verbrennen. Die Gestalten der Toten waren vom seinen Besuch sehr beeindruckt und grüßten in herzlich und der Mönch predigte ihnen. Bevor er wieder zurückkehrte, baten die Kreaturen ihn, ihre lebenden Verwandten darüber zu informieren, dass unter dem Höllenfeuer, Hunger und Krankheiten litten. Die lebenden Angehörigen sollten den Mönchen Almosen geben, um sie von ihren Leiden zu befreien. Bei seiner Rückkehr überbrachte der alte Mönch die Botschaft dem König. Jayavarman VII befahl demnach, dass alle Menschen Kan Ban feiern, um an die Verdienste eines verstorbenen Verwandten zu gedenken.
Weitere Legenden und Schriften über Pchum Ben
Die Schriften über Pchum Ben sind komplex und verwirren auf den ersten Blick. Doch insgesamt ähneln sie sich alle in ihren Inhalten. Die erste Schrift bezieht sich auf fünf Buddhas, die mit hungrigen Geistern verhandeln. In der zweiten Schrift, von Pet Vuto (dem Statthalter der Mönche), wurden die Diener und Soldaten des Königs angewiesen, Krieg zu führen. Nachts trafen sie auf dem Schiff auf Gespenster, die hungrig waren. Die Diener und Soldaten fragten: „Wie können wir euch Essen bringen?“ und die Geister sagten: „Ihr könnt das Essen dem Menschen unter euch anbieten, der die fünf Moralvorstellungen oder acht Moralvorstellungen hat, und gleichzeitig unsere Namen anrufen.“ Die dritte und vierte Schrift besagen, dass in den ersten 15 Tagen von Pheakta Both, der schwersten Regenzeit, der Teufel die Geister befreit, damit sie ihre Verwandten finden können, um Nahrung zu bekommen.
Angehörige des Königs tragen die Schuld
Doch Kambodscha wäre nicht Kambodscha, wenn es nicht noch weitere Legenden zum Pchum Ben Fest gäbe. Wie auf der offiziellen Website des kambodschanischen Ministeriums für Tourismus. Dort erzählt Om Sam Ol, ein Mönch der Steung Meancheay Pagode in Phnom Penh, dass ursprünglich Angehörige von König Bath Pempeksa religiösen Bräuchen trotzten und Reis aßen, bevor dies die Mönche während eines religiösen Rituals taten. Nach ihrem Tod wurden alle Angehörigen zu bösen Geistern. Später erlangte ein Mönch namens Kokak Sonthor Erleuchtung und wurde ein Buddha auf Erden. Die Geister fragten ihn: „Wann können wir essen?“. Der Buddha antwortete: „Ihr müsst auf den nächsten Buddha im buddhistischen Reich Kathakot warten. Im jetzigen Reich können böse Geister nichts essen. Mit Kamanou und Kasakbour erlangten weitere Mönche Erleuchtung und wurden Buddha und die hungrigen Geister stellen auch ihnen die Frage, wann die essen können. Und Buddha sagte ihnen jedes Mal dasselbe: Sie sollten auf den nächsten Buddha warten.
Der letzte Buddha schließlich, Preah Samphot – auch bekannt als Samanakkodom – sagte zu den bösen Geistern: „Wartet auf König Bath Pempeksa, dessen Verwandte ihr seid und wohnt seinen Opfern bei. Wenn die Zeremonie vollzogen ist, könnt ihr essen.“
König Bath Pempeksa machte zwar eine Gabe, aber er widmete das Opfer nicht den Geistern seiner Verwandten. Die Geister seiner Verwandten weinten die ganze Nacht. Und als König Bath Pempeska in die Valovan-Pagode ging, um dort Buddha zu besuchen, sagte dieser zu ihm: „Die Geister deiner Verwandten weinen, denn sie sollten Nahrung im Reich von Kathakot bekommen. Zwar hast du Essen und gute Taten angeboten, aber du hast nichts Gutes für deine Verwandten getan.“ So machte König Bath Pempeksa eine weitere Opfergabe und dieses Mal widmete er das Essen und die guten Taten seinen Verwandten, den bösen Geistern. Die bösen Geister empfingen die Widumung und wurden schließlich im Paradies wiedergeboren.
Vier Arten von Geistern, die aus der Hölle kommen
Vier verschiedene Arten von Geistern werden freigelassen. Es gibt Geister, die Blut und Eiter fressen, brennende Geister, die immer glühen, hungrige Geister und die Pakrakteaktopak Chivi. Nur die Pakrakteaktopak Chivi können Nahrung von Mönchen bekommen. Alle anderen Geister müssen erst einmal ihre Sünden auf das Niveau von Pakrakteaktopak Chivi reduzieren, um ebenfalls Nahrung bekommen zu können.
Während der ersten 14 Tage von Kan Ban schenken die Khmer den Mönchen Essen, zünden Kerzen an und spenden etwas Geld. Dies in der Hoffnung, dass ihre Gaben dazu führen, die Sünden ihrer Vorfahren zu lindern. Da die Kambodschaner nicht wissen, ob ihre Gaben helfen, dass es ihren Vorfahren besser geht, wiederholt sich dieses Ritual jedes Jahr erneut. Mindestens einmal gehen sie während Pchum Ben in eine örtliche Pagode, um ihre Gaben für die Vorfahren zu überreichen. Sehr gläubige Buddhisten besuchen sieben verschiedene Pagoden. Die Khmer glauben, dass die Geister sich in sieben Pagoden umschauen und wenn sie in keiner dieser Pagoden das Opfer ihrer lebenden Verwandten finden können, werden sie sie verfluchen. Der Grund dafür ist, dass die Geister keine angebotene Nahrung von anderen Menschen essen können. Wenn allerdings die Geister die Nahrung von ihren lebenden Verwandten finden, werden sie ihre Verwandten mit Glück segnen.
An den Tagen der Pchum Ben Festlichkeiten freuen sich die buddhistischen Mönche über die Speiseopfer, da das Fest meist während besonders starker Regenfälle in der Regenzeit stattfindet. Die Regenfälle und alten Riten erschweren es den Mönchen, ihre Pagoden zu verlassen und Almosen von den Einheimischen zu empfangen. Denn während Kan Ban ist es nunmehr die Aufgabe der Mönche, beschützende Gebete während der Nächte zu rezitieren. Kambodschanische Künstler spielen traditionelle Musik wie Yike oder Lakhon Basak.
Bei den Speisen handelt es sich in der Regel um „Bay Ben“. Das sind Kugeln aus klebrigem Reis und Sesam. Manchmal ist der Reis mit Kokoknusscreme gewürzt, um ihn köstlicher zu machen. Die Speisen werden vor allem im Morgengrauen gereicht. Denn die Khmer glauben, dass die Geister tagsüber keine Nahrung auf Grund ihrer schweren Sünden aufnehmen können. Auch glauben die Kambodschaner daran, dass die Geister nur winzige Münder haben, um essen zu können.
Pchum Ben – die Zeremonien
Viele Zeremonien bestehen aus Prozessionen um Tempel und Pagoden. Um Menschenmengen, die draußen mit angezündeten Räucherstäbchen in der Hand warten, während Mönche im Inneren Rituale durchführen. Während der Pandemie waren derlei Menschansammlungen jedoch untersagt. Ebenso gibt es symbolische Ereignisse, bei denen fünf Hügel aus Sand oder Reis gebildet und dekoriert werden. Sie zeigen auf den Berg Meru, der Ort an dem buddhistische Götter wohnen sollen. Die Reishügel entstehen aus den Gaben der gläubigen Kambodschaner. Dazu stehen fünf leere Schüsseln auf einem langen Tisch bereit. In jede dieser Schüsseln geben die Kambodschaner etwas von dem Reis, den sie mitgebracht haben. Am Anfang dieses Tisches symbolisiert ein Turm aus Schalen mit Blumengestecken den Berg Meru. Dort heften die Khmer das Geld an, welches sie als Opfer mitgebracht haben. Selbst wer nur wenig Geld hat, gibt etwas. Zum Beispiel 100 Riel, was umgerechnet ungefähr 2,5 Cent ausmacht.
Hier auf dem Foto sind die fünf Schüsseln für die Reisgaben und ganz vorn der Berg Meru mit angeheftetem Geld gut zu erkennen.
Meist sind es kleinere Pagoden, in denen es „nur“ diese fünf Schüsseln gibt. In größeren Pagoden sind es weitaus mehr. Ich habe zum Beispiel an einer Zeremonie teilgenommen, wo 20 Schüsseln aufgestellt waren. Die Mengen an Reis, die dort in die Schüsseln wanderte, war riesig.
Am Pchum Ben selbst, dem Haupttag der Feierlichkeiten, spenden die Khmer noch einmal gesonderte Almosen. Vor allem in ländlichen Gebieten werfen die Gläubigen ihre Reisbällchen in die Luft oder auf die Felder. Dem Glauben nach können die Geister sich die Nahrung aus dem geistlichen Teil des Essens holen. Der auf den Boden gefallene irdische Teil kann von den Mönchen verspeist werden.
Mieh Ponn, Berater in einem buddhistischen Institut, meint dazu, dass Bay Ben (der Reis) besser auf einen Teller gegeben werden sollte, anstatt ihn auf den Boden zu werfen. Reis den Armen zu geben kann den Lebenden zu mehr Verdiensten gereichen, als wenn man den Reis nur den Ameisen zum Fressen gibt. [Quelle: Phnom Penh Post]
Wie du an den Feierlichkeiten von Pchum Ben teilnehmen kannst
Sicher möchtest du wissen, wie du an den Feierlichkeiten teilnehmen kannst. Am besten erkundigst du dich vor Ort in deinem Hotel oder bei einer Reiseagentur. Am allerschönsten ist es allerdings, wenn du kambodschanische Freunde hast, und sie dich in eine Pagode mitnehmen. Wichtig: Achte auf angemessene Kleidung. Deine Schultern und Knie sollten bedeckt sein. Du kannst zusätzlich punkten, wenn du dich etwas festlicher kleidest. Hier reicht ein weißes Hemd oder weiße Bluse. Das kommt besonders gut in den großen und gut besuchten Pagoden an.
Erzähl mir von deinen Erlebnissen zu Pchum Ben, ich freu mich drauf! Was ich alles zu Pchum Ben erlebt habe, kannst du hier bei Visit Angkor im Artikel Pchum Ben in Kambodscha – meine Erlebnisse nachlesen. Und wenn du noch mehr über Pchum Ben erfahren möchtest, empfehle ich dir den deutschsprachigen Blog von Don Kong. Er ist vor einigen Jahren nach Kambodscha ausgewandert und lebt in Kep.
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Inga, grosses Kompliment, du hast das wieder sehr ausfuehrlich und gut erklaert. Ich durfte an einer Zeremonie vor 2 Jahren teilnehmen, da wurden die Alten gewaschen und an diesem Tag standen sie im Mittelpunkt. Das Fest wurde von der ganzen Kommune organisiert, da wurde ein Zelt aufgebaut, die Buddhas sind gekommen und haben die Alten demnach auch geweiht. Herrlich, ich lebe jetzt schon 5 Jahren mit Unterbrechung in Kambodscha und weiss doch noch so wenig… Liebe Gruesse aus Kampot.
Auwei, da gibt’s doch tatsächlich einen Kommentar, den ich hier nicht beantwortet habe. Asche auf mein Haupt. Lieber Joe, vielen lieben Dank für Deinen Kommentar. Mir geht es genauso. Obwohl ich viel über Kambodscha lese und schreibe, habe ich doch den Eindruck, noch viel zu wenig zu wissen. Mittlerweile ist Visit Angkor mein Lebensprojekt, welches immer größer wird <3 LG, Inga :-)