Lange habe ich überlegt und vor mich hingegrübelt, ob und wie ich diesen Artikel schreibe. Wer mich kennt, weiß, dass mich der Umstand bettelnder und verkaufender Kinder in Siem Reap schon lange beschäftigt. In all meinen Interviews stelle ich die Frage, ob und was man als Tourist gegen die Armut in Kambodscha tun kann. Immer wieder höre und lese ich die einhellige Meinung, bloß nichts von Kindern zu kaufen und ihnen auf keinen Fall Geld zu geben, wenn sie betteln. Die Kinder würden nicht zur Schule gehen und kommen aus dem Teufelskreis der Bettelei nicht heraus. Lieber soll man soziale Organisationen vor Ort aufsuchen und diese unterstützen. Soweit nachvollziehbar. Doch je mehr ich darüber nachdenke, umso weniger bin ich mit der Antwort zufrieden. Natürlich ist es gut, wichtig und richtig, bettelnden Kindern nichts zu geben und soziale Organisationen zu unterstützen. Trotzdem ist mir die Antwort zu einfach, da sie das eigentliche Problem nicht löst bzw. noch nicht einmal anspricht. Denn das eigentliche Problem ist das oftmals fehlende oder nur geringe Einkommen der erwachsenen Kambodschaner.
Tourismus in Siem Reap – ein Segen für die Einwohner?
Laut einer Studie [update: Oktober 2022: leider funktioniert der Link zur damaligen Quelle nicht mehr] haben sich bei vielen Menschen in und um Siem Reap die Lebensbedingungen nicht merklich zum Positiven verändert, und das trotz steigender Touristenzahlen. Viele Hotels und Restaurants werden nicht von Kambodschanern betrieben, sondern von Auswanderern oder ausländischen Investoren. Die Gehälter in Restaurants und Hotels sind vergleichsweise niedrig. Meist verdient eine einfache Servicekraft gerade mal um die 100 $ pro Monat. Und das bei sechs Tagen die Woche. Manch von ihnen arbeiten sogar neun bis elf Stunden pro Tag. Teils verdienen sie also noch weniger, als die Näherinnen in den Nähfabriken in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Auch sie verdienen zweifelsohne wenig, haben aber zumindest einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Man kann also nicht behaupten, dass der Tourismus ein allumfassender Segen für die Einwohner in Siem Reap und Umgebung ist.
Hoffnung auf Arbeit in Thailand
Immer wieder gibt es Eltern, die ins Nachbarland Thailand gehen. Dies in der Hoffnung, dort mehr Geld zu verdienen, als zu Hause in Kambodscha. Dabei kommt es leider auch vor, dass sie ihre Kinder zu Hause lassen. Wenn die Kinder Glück haben, kommen sie bei Verwandten unter. Aber nicht immer haben sie dieses Glück und sie müssen sich allein durchschlagen. Chetra hat mir davon erzählt. Ich kenne ihn seit ein paar Jahren. Er arbeitet bei Free to Shine, eine australische Organisation in Siem Reap, die sich speziell um das Wohlergehen von Mädchen in den Dörfen um Siem Reap kümmert.
Dass Kinder um Geld betteln oder etwas verkaufen, kommt nicht von ungefähr. Das Dumme ist nämlich, dass ausgerechnet wir Touristen an diesem Umstand eine große Mitschuld tragen, wenn nicht sogar die gesamte Schuld. In ländlichen Gebieten, dort wo es kaum Tourismus gibt, kommen selbst arme Kinder nicht auf Idee, dich anzubetteln. Dennoch: Bei Kindern wird uns schnell warm uns Herz, wir werden weich, unser Beschützer-Instinkt ist geweckt. Vor allem in den von Touristen bevölkerten Regionen wissen die Kambodschaner das zu nutzen. Und genau aus diesem Grund siehst du bettelnde Kinder in Kambodscha. Wir Touristen sind also schuld an der Misere, weil wir nichts oder nur wenig von Erwachsenen kaufen!
Also: Lass dich nicht von bettelnden Kinderaugen betören. Denn dann lohnt es sich für Kinder nicht mehr, zu betteln oder zu verkaufen. Auch lohnt es sich für die Familien und Banden nicht mehr, Kinder vorzuschicken. Nur ist das leider nur die eine Seite der Medaille. Denn wenn niemand bei den Kindern etwas kauft, gibt es kein Einkommen. Weder für die Kinder, noch für die Familien oder dahintersteckende Banden. Dagegen hilft nur eins:
Die Lösung: Kaufe Produkte von Erwachsenen
Genau da liegt für mich die Lösung des Problems. Kaufe bewusst Produkte von Erwachsenen – ganz gleich ob jung oder alt. Plane dafür jeden Tag (oder jeden zweiten Tag) ein extra Budget ein. Halte nach Erwachsenen Ausschau, die etwas verkaufen. Zum Beispiel am Ausgang vom Ta-Prohm Tempel. Dort kann es vorkommen, dass du von Kindern regelrecht belagert wirst. Doch sind gerade dort auch viele erwachsene Händler, die ihre Waren verkaufen wollen und die Kinder gehören meist zu ihnen.
Es muss nicht viel Geld sein, was du ausgibst. Ein schönes T-Shirt bekommst du schon für 3 $. Und wenn dir das zu teuer ist, bitte bedenke: Du hast das Geld für einen Angkor Pass, für mehr als ein Bier, für den Flug, überhaupt für deine Reise. In einem Mittelklassehotel bezahlst du für eine Nacht schon fast soviel Geld, wie manch ein Kambodschaner in einem ganzen Monat verdient.
Die Vision: Kein Kind muss mehr betteln in Siem Reap
Stell dir vor, jeder würde so handeln und ein extra Souvenier bei einem Erwachsenen kaufen. Kein Kind hätte mehr Erfolg beim Betteln. Dafür würden die Eltern genug Geld verdienen. Dies indem sie die Souveniers verkaufen, die sonst von ihren Kindern angeboten werden. Die Eltern hätten genug Geld, um ihre Kinder zu versorgen, um sie zur Schule zu schicken und vor allem, um sie einfach Kind sein zu lassen. Es liegt an uns, etwas zu ändern.
Also, gib dir einen Ruck und halte nach Erwachsenen Ausschau, bei denen du etwas kaufen möchtest. Auch wenn sie nicht so herzerweichend wie kambodschanische Kinder sind. Denn nur dann durchbrichst du den Teufelskreis der Armut für die Kinder, wenn du den Erwachsenen dabei hilfst, selbst Geld zu verdienen. Denn erst wenn sie merken, dass sie mehr verdienen als ihre Kinder, werden sie sie nicht mehr betteln oder verkaufen lassen. Machst du mit? Erzähle mir von deinen Erfahrungen. Vielleicht hast du ja auch noch einen Tipp. Schreib mir in den Kommentaren, ich freue mich auf den Austausch mit dir!
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Hallo Inga, ich bin das erste mal in Kambodscha und schon seit zweieinhalb Wochen im Land unterwegs. Erst im Dschungel, dann Kampot, Phnom Penh und jetzt Siem Reap. Anfangs habe ich nur die Müllberge gesehen aber je mehr ich über die jüngste Geschichte lese, desto öfter denke ich, die haben hier ganz andere Sorgen. Ich bin verliebt in die Menschen hier, so viel Warmherzigkeit, so viel Freundlichkeit. Man schämt sich fast für das eigene Gemeckere wegen nichts, obwohl wir in Deutschland im Paradies leben. Bin auf Deinen Blog gekommen, weil ich erst hier verkaufende Kinder erlebt habe und unsicher war und mich natürlich auch habe überreden lassen. Danke für Deine Anregung!
Auch ich bin das erste Mal in Kambodscha/kampot.auch hier sieht man die grossen unterschiedlichen Menschen und auch die armut.heute traff ich eine alte Frau am Riverside Route die Müll gesammelt hat.sie muss sagen das hat mich sehr bewegt.ich komme aus Deutschland und viele wissen gar nicht wie gut es ihnen geht aber Jammern immer noch.ich kenne das auch aus Portugal dort traff ich auch Menschen in bitterer armut.ich gab der Frau ein paar Dollar um mein Gewissen zu beruhigen aber ich sitze in meinem Hotel und und überlege was ich noch tun kann.ich selber bin nicht sorgsam mit meinem Leben umgegangen habe getrunken, gespielt wurum schreibe ich das weil ich so viel Zeit verschenkt habe Mal was nützliches zu tun und nicht immer an mich zu denken.
hi Inga
ich weiss es nicht genau vllt sogar bald wenn ich einen guten flug finde.. und ja ich kann mich noch eriinnern als hier die muellabfuhr gestreikt hat .. naja poipet war eh ein erlebnis aer dieses mal flieg ich rein.. alles gute
dan
hi inga
danke für diesen blog..ich war letztes jahr in kambodscha und hab mich sofort verliebt..eins der korruptesten und aermsten laender der welt laut internet…ich bin mit dem zug nach poipet gefahren und der erste eindruck war ein 10 meter hoher berg plastik müll aber angkor ist unglaublich und die menschen dort waren nach meiner wahrnehmung viel ehrlicher und freundlicher als in thailand ich will unbedingt wieder hin und mehr als nur angkor und siem rap sehen…
Hi Dan, danke dir für den Kommentar und das Lob. Ja, Müll ist ein großes Problem in Kambodscha und es macht mich immer hilflos, die Müllberge zu sehen. An vielen Orten fehlt einfach das Bewusstsein, zumal es keine Abfallentsorgung gibt, so wie wir es kennen. Ich möchte allerdings nicht wissen, wie es hier in meiner Heimat ohne die Abfallentsorgung aussehen würde … Weißt du schon, wann du wieder nach Kambodscha reisen wirst? LG :) Inga
Hallo Inga,
vielen Dank für deine hilfreichen Gedanken, auch zu einem nicht ganz einfachen Thema. Da wir gerne reisen sehen wir dieses Problem auch in anderen Regionen und genau dein „Lösungsansatz“ hat uns ein Tourquide vor Jahren bereits in Gambia nahe gebracht. Wir versuchen es immer so zu machen. Und wir freuen uns jetzt schon auf unseren Besuch im Februar 2018. Vielen Dank nochmals für die wirklich interessanten Tipps.
Hallo Vera,
vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Interessant, dass euch dies schon vor Jahren von einem Tourguide in Gambia nahegebracht wurde, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Seid ihr zum ersten Mal in Kambodscha? Ich war gerade zum siebten Mal dort und es wird jedes Mal intensiver :-) Wünsche euch eine ganz tolle Zeit! LG :) Inga
Hallo Inga,
wirklich einen guten Lösungsvorschlag hast du da. Ich bin auch deiner Meinung.
Leider werden sich die wenigsten Menschen daran halten. Ich schätze die Mehrheit der Touristen die nach Kambodscha verlegen kommen nur ein mal um das Land zu erkunden. Für den nächsten Urlaub ist wider ein anderes Land dran. Diese Touristen sehen nicht ofr bettelnde Kinder. Viele Deutsche kennen das nicht. Ich bin viel und liebend gerne in Ländern der 3. Welt unterwegs und mich begleiten ab und zu „Neulinge“ auf meinen Touren. Ich versuche ihnen das Problem mit den Bettelkindern zu erläutern aber die meisten verstehen das nicht oder ihnen ist es egal. Ich weiß es nicht. In Deutschland sind wir zu verwöhnt. Es reicht wohl kurz der Anblick von armen Kindern und jeder denkt er muss ihnen auf diese Weise helfen.
Wobei ich auch sagen muss das ich in noch keinem anderen Land so nervige und anhängliche Bettler wie ich Siam Reap getroffen habe. Ich wurde wirklich ununterbrochen angesprochen und belästigt. Deshalb konnte ich mich auch leider nicht für Kambodscha begeistern. Sehr schade, weil es ein sehr schönes Land ist mit wundervoller Natur und wunderbaren Tempelanlagen. Die Menschen haben es aber leider für mich unausstehlich gemacht. Vielleicht War es nur Zufall das ich das Pech hatte und so belästigt wurde. Aber ich hatte dort keinen Spaß auf den Straßen.
Hallo Martin,
danke dir für deinen ausführlichen Kommentar, und dass dir mein Lösungsvorschlag gefällt. Obwohl, wofür bedanke ich mich eigentlich? Denn der Rest von deinem Kommentar ist ja wohl ein schlechter Witz. Für mich kommt es eher so rüber, als hättest du dich in Kambodscha in deiner Komfortzone gestört gefühlt und dass man doch gefälligst die von dir empfundenen Belästigungen beiseite schaffen soll. Ebenso empfinde ich den Begriff 3. Welt äußerst fraglich. Hat was von dritter Wahl – was soviel wie „schlecht“ bedeutet. Wir befinden uns hier nicht in einer ersten, besseren Welt – ganz im Gegenteil…