Die Tempel von Angkor, Kampot Pfeffer, die Pubstreet in Siem Reap, das Lächeln der Khmer, Battambang, ihre Sprache, seltene Irawady Delphine, die Insel Koh Rong Sanloem, das Tuk Tuk Tuckern, Lok Lak, Zirkus Phare, der Königspalast in Phnom Penh … all das und vieles mehr verbinden wir gern und geliebt fernwehschwanger mit Kambodscha. Aber Libellen? Wohl eher nicht, behaupte ich mal. Bei mir jedenfalls war das so. Doch das sollte sich ändern. Ab dem 21. November 2023, um genau zu sein.
Mehr als 6.000 Libellen-Arten soll es weltweit geben. Gerade mal 81 in Deutschland. Die meisten sind in den Tropen beheimatet. Immer noch werden neue Arten entdeckt. Wie in Kambodscha die 2010 erstmals gesichtete Coeliccia Rolandorum, nach ihrem Entdecker Hans-Jürgen Roland benannt.
Dragonfly – fliegender Drache, so ihr englischer Name, bringt es auf den Punkt: Wie ein Vogel können sie rüttelnd in der Luft stehen und wie ein Segelflugzeug dahingleiten. Bis zu 50 km/h schaffen die Akrobaten spielend, abrupt die Flugrichtung ändern ist ein Kinderspiel. Manche Arten können sogar rückwärts fliegen.
Dragon flies Cambodia – Gruppe auf Facebook
Am 21.11.2023 eröffnete Stephan Walgenbach mir mit seiner neuen Dragon flies Cambodia Gruppe auf Facebook eine völlig neue Welt. Explizit für Libellen aus Kambodscha. Seitdem bin ich total geflasht von der Vielfalt und Schönheit dieser Lebewesen, die ich bislang so rein gar nicht mit Kambodscha in Verbindung gebracht habe. Dank Stephan gehören sie jetzt genauso zu meinem „Kambodscha-Bild“ wie Angkor, Lok Lak & Co.
Ich wollte mehr über diese schwirrenden Zauberwesen wissen. Wer könnte das besser, als jemand wie Stephan Walgenbach, dessen Passion es ist, Libellen zu fotografieren. Im Anschluss an das kleine Album hier geht’s direkt zum Interview mit ihm :-)
Wann bist Du zum ersten Mal nach Kambodscha gereist und was fasziniert Dich besonders an diesem Land?
2005 kam ich zum ersten Mal nach Kambodscha, weil ich unbedingt Angkor Wat sehen wollte. Es war ein Kurzbesuch von der thailändischen Seite aus zusammen mit meiner damaligen Partnerin. Dann bin ich kurze Zeit später über einen Flug nach PP per Bus nach Sihanoukville im Rahmen eines einwöchigen Strandurlaubs gereist. In Phnom Penh wolle ich unbedingt mal den Tonle Sap River sehen, weil mich diese geologische Besonderheit schon als Kind fasziniert hat: ein Fluss, der seine Fließrichtung ändern kann. Zu dieser Zeit war PP jedoch ziemlich verwahrlost und ich war froh schnell Richtung Meer zu kommen. Was mich in Sihanoukville fasziniert hat, war die fehlende touristische Erschließung und die Offenherzigkeit der wenigen Bewohner, die mit Touristen sprechen konnten. Da stand die Zeit irgendwie still.
Tipp: Du „musst“ unbedingt Mitglied der öffentlichen Facebook Gruppe Dragon flies Cambodia werden. Die Gruppe ist noch klein und ich finde, sie hat es auf jeden Fall verdient, noch viele weitere Mitglieder zu bekommen :-)
Hast Du auch schon andere Länder bereist? Welche sind das und was magst Du besonders an ihnen?
In einem anderen Leben war ich oft zum Strandurlaub am Mittelmeer in verschiedenen Ländern. Dann kam eine USA-Phase, wo mich die Nationalparks magisch anzogen, wegen der Tierwelt und der unglaublichen Landschaften. Hier habe ich auch schon viel fotografiert. Die Flüge waren zu dieser Zeit extrem günstig und auch ein Auto zu mieten. Zwischendurch mal nach Lanzarote hatte auch seinen Reiz, wegen der Lavalandschaft. Dubai, Hongkong, Shanghai, Philippinen, Südafrika, Thailand, Laos, Vietnam, Myanmar, Malaysia waren alles Länder, die großartige Motive für Landschafts- und Architekturfotografie boten. Im Rahmen einer 7 wöchigen Asienrundreise, kam ich dann geplant für ein paar Tage zurück nach Sihanoukville und habe mich dort in meine kambodschanische Frau verliebt. Die Reise habe ich dann abgebrochen und bin für den Rest meines Urlaubs in Sihanoukville geblieben. Seitdem ist Kambodscha meine zweite Heimat.
Du fotografierst unter anderem Libellen. Wie bist Du darauf gekommen?
Mit der Liebellenfotografie habe ich aus Langeweile bei einem Familienbesuch in der kambodschanischen Provinz Kampot entdeckt. Ich sah ein Weibchen von Orthetrum sabina bei der Eiablage über einen Tümpel huschen. Doch alle Fotos waren unscharf. Das hat meinen Ehrgeiz geweckt. Libellen sind in Kambodscha überall garantiert zu sehen, doch viele Arten sind nicht leicht zu finden. Somit reise ich durchs ganze Land in der Hoffnung meine Liste der Erstfunde zu vergrößern. Vielleicht finde ich eine neue Art die nach meiner Tochter benannt würde….
Was fotografierst Du noch gerne und warum?
Früher habe ich fast nur Landschaften fotografiert, weil mich schöne Landschaften total faszinieren, genauso wie dortige Naturphänomene. (Vulkanismus, Wasserfälle, Riesenwellen u.s.w. Je älter ich werde, je mehr interessiere ich mich nun für den Erhalt der Natur, indem ich die Schönheit der Unberührtheit suche und dokumentiere.
Das hört sich natürlich nach einem Widerspruch an, wenn man in die Unberührtheit eindringt. Ich kann garantieren, dass ich so gut wie keine Spuren hinterlasse und keine Tiere fange oder präpariere. Auch anfüttern oder Tiere in Gefangenheit aufsuchen ist bei mir tabu. Vom Krüger Nationalpark war ich zum Beispiel total enttäuscht, weil es nichts anderes wie ein riesiger Zoo für Touristen ist.
Vor kurzem hast Du ja eine Gruppe auf Facebook gegründet, die sich nur den Libellen in Kambodscha widmet. Was ist der Grund für eine Gruppe, in der es nur um Libellen aus Kambodscha geht?
Es gibt einige Naturforscher, die sich mit den Libellen in Kambodscha befasst haben, bzw. noch befassen. Es ist auch ein Deutscher dabei (Hans Jürgen Roland), der aber nicht mehr aktiv ist und trotzdem noch eine Website betreibt.
Dann ist da Dr. Oleg Kosterin, eine Kapazität beim Thema Libellen in Asien. In der kambodschanischen Facebookgruppe Natural Cambodia werden zwar auch Posts mit Libellen eingestellt, jedoch war mir das zu wenig. Ich hoffe, dass mehr und mehr Facebookmitglieder mal bei meiner Gruppe eine Aufnahme mit kambodschanischen Libellen posten und ich helfen kann diese zu identifizieren. Dabei spielt auch die deutsche Facebookgruppe Libellen-Freunde eine wichtige Rolle, weil da einige Top-Experten dabei sind.
Die Fotos, die ich einstelle, sind meistens sehr aufwändig gemacht worden. Es können manchmal hunderte Fotos nötig sein, bis ich zufrieden bin und ein Foto poste. Das mache ich auch, um die faszinierende Schönheit dieser Tiere herauszustellen. Für meine Gruppe soll das keine Abschreckung sein, denn jedes Foto, auch ein Schnappschuss, ist willkommen und kann hilfreich sein, den Landesbestand zu ermitteln.
Für Nichtwissende sind die Bezeichnungen der Libellen sehr kompliziert. Wie kannst Du sie Dir alle merken?
Ich merke mir nur die wenigsten. Oft muss ich nachschauen. In Deutsch ist das alles viel leichter, aber das hilft hier nicht. Zum Beispiel heißt dann die in Deutschland verbreitete Feuerlibelle hier orientalische Feuerlibelle. Damit man jedoch unter vielen Sprachen eindeutig bleibt, ist der lateinische Name ein Muss. Die hiesige Feuerlibelle heißt somit unmissverständlich Crocothemis servillia. Englische Namen sind oft nicht eindeutig und ich benutze sie überhaupt nicht. Früher hat man ja auch Latein lernen können/müssen. Das ist natürlich sehr hilfreich beim Erfassen der lateinischen Namen.
Wie viele verschiedene Libellen hast Du bereits fotografiert und wie lange hast Du dafür gebraucht?
Seit meinem ersten Libellenfoto 2018 habe ich in Kambodscha 47 Großlibellen fotografieren können und 40 Kleinlibellen. Zusammen mit den deutschen Libellen dürften es ca. 120 sein. Ich muss dabei noch anmerken, dass die Kleinlibellen eine Sache für sich sind. Man sieht sie nicht so gut, sie sind schwerer zu bestimmen und kommen oft auch im Schatten vor. Da viele so klein sind, sind sie auch sehr schwer mit gutem Ergebnis zu fotografieren. Eigentlich sind sie nur Beifang für mich und ich konzentriere mich auf die Großlibellen. Einige Kleinlibellen sind jedoch weit oben auf meiner Suchliste, weil sie natürlich auch sehr schön sein können.
Woher weißt Du, wo es Libellen gibt, die Du fotografieren kannst? Wo sind die besten Regionen in Kambodscha?
Auf einigen Websites werden die Fundorte der Libellen festgehalten. Oft liegt das aber Jahre zurück und man weiß auch nicht, in welcher Jahreszeit diese vor Ort waren. Man kann schon sagen, dass Libellen überwiegend an oder in der Nähe von Gewässern zu finden sind. Genauso gibt es schattenliebende oder nur im Dschungel vorkommende Arten. Ich klappere eigentlich alle denkbaren Gegenden ab und hoffe auf Glücksfunde. Es wäre schön, wenn man da was Konkretes lesen könnte, bisher habe ich noch nichts in der Richtung gefunden oder man müsste große Datenmengen auswerten. Da habe ich keine Zeit für.
Es gibt ja Motive in der Tierfotografie, wo man stundenlang warten muss, bis man sie vor die Linse bekommt. Wie lange dauert so ein „Shooting“ bei der Libellenfotografie?
Am besten verbindet man einen Spaziergang zum Gewässer mit einem Fotoshooting. Ganz entspannt hat man die Kamera griffbereit und schaut sich mal um. Wenn man einen interessanten Platz gefunden hat, beobachtet man die Libellen, die irgendwo sitzen und die in der Luft schwirren. Man schreckt nämlich die Tiere auf und nach einer gewissen Zeit beruhigen sich alle. Manchmal macht es auch Sinn in Badehose mit der Kamera ins Wasser zu gehen und in die zweite Uferreihe zu schauen. Gerne sitzen auch Libellen im Ufergebüsch. Da braucht man gute Augen. Meine Frau findet mindestens doppelt so viele Libellen wie ich, nebenbei bemerkt. Dafür fotografiere ich die dann besser. Nach meiner Erfahrung ist beim Shooting nichts planbar. Ähnlich wie beim Angeln, weiß man nie wie der Tag wird. Es gibt natürlich Libellenarten, die sind allgegenwärtig. Irgendwann werden die ein wenig uninteressant aber auch da kann spannendes passieren wie z.B. eine Paarung oder eine Fressszene. Es gibt auch Kannibalismus unter Libellen, was ein wenig ekelig aussieht.
Worauf sollte man für tolle Libellenfotos achten? Was sind Deine Tipps?
Beste Ergebnisse bringen m.E. folgende Voraussetzungen:
- Ausreichende Lichtverhältnisse, Sonne im Rücken ggf. Blitz(Benutze ich nie)
- Wenig Wind
- Mindestens 150mm Brennweite, Makroobjektv oder Tele mit geringer Naheinstellgrenze wegen Fluchtdistanz, man kann auch einen Zwischenring verwenden. Meine Lieblingskombination: Nikkor 300mm PF F4 mit Zwischenring
- Eine ruhige Hand
- Fokus immer auf die Augenreflektion
- Auf die Fokuslinie achten (Kopf und Hinterteil auf einer Linie)oder Blende zumachen
- Kurze Belichtungszeit
- Mindestens 20MP Sensor
- Ausschuss in Kauf nehmen und lieber einmal mehr abdrücken.
- Setup variieren: Mal mit, mal ohne Autofokus, mal offene Blende, mal kleinere Blende
- Bei guten Kameras kann man auch mal mit ISO 800 gute Ergebnisse produzieren,
- besser jedoch niedrigste mögliche ISO
Was war bisher Dein schönstes Erlebnis beim Fotografieren von Libellen?
Toll finde ich es immer, wenn ich eine neue Art sehe. Dann bin ich den ganzen Tag happy. Es gibt Tage da gelingt alles: neue Art gefunden, Paarung in der Luft scharf abgebildet. Es gibt auch Fotos, die erst mit der Zeit ihre Besonderheit offenbaren. Dann kommt auch ein wenig Stolz dazu. Dann passieren noch Dinge, da man ja in der Natur ist, die einen überraschen. Zum Beispiel konnte ich einen Schwarm Schwalben beobachten, die wie Kamikazeflieger aufs Wasser prallten, um irgendwas zu fischen. Da kochte der ganze See. Leider war das kaum fotografisch festzuhalten. An einem anderen Tag schwamm 4 Meter entfernt von mir eine Monockelkobra vorbei. Da hatte ich allerdings Muffensausen und trotzdem konnte ich ein gutes Foto machen.
Gibt es vielleicht sonst noch etwas, was Du uns mitteilen möchtest?
Es gibt in Deutschland einige passionierte Tierfotografen, die in der Libellenzeit sich auf diese Tiere konzentrieren und dann auf Vogelfotografie in der libellenlosen Zeit umstellen.
2020 habe ich den Winter in Kambodscha verbracht und in der Nähe von Phnom Penh große Vogelschwärme beobachtet. Da habe ich mich nur auf Vogelfotografie konzentriert und z.B. bei 35 Grad im Tarnzelt gehockt. Das ist auch eine fantastische Geschichte in Kambodscha, weil die Vögel hier unglaubliche Farben haben können. Wegen der extremen Menschenscheue braucht man aber ein Supertele für richtig viel Geld und muss das immer rumschleppen. Das geht einfacher in westlichen Ländern und mit Auto in petto.
Zum Dschungel wollte ich noch etwas sagen. Wer schon mal aus Versehen im kambodschanischen Urwald die Orientierung verloren hat, muss feststellen, dass man ohne Machete, richtiger Kleidung und Führer so gut wie erledigt ist. Es gibt kein Weiterkommen und nach kurzer Zeit ist man völlig zerkratzt. Dann besteht auch die Gefahr auf giftige Tiere zu stoßen. Sauberes Trinkwasser geht auch schnell aus. Meistens hat man gerade dann auch kein Netz, was auch nicht wirklich helfen würde. Mein einziger Ausweg war einen Bachlauf mit meterhohen glitschigen Felsen nach unten zu folgen. Da ist die Gefahr sich was zu brechen riesengroß. Für 150m habe ich 3 Stunden gebraucht und sah aus wie Bruce Willis am Ende von „Stirb langsam„
Es gibt einige tolle Orte in Kambodscha, da kann man Touren buchen, die einen in den Dschungel bringen, wo man alleine nie hinkäme. Das muss ich unbedingt auch mal machen, weil ich schon sehr positive Geschichten gehört habe. Man schläft in einer Hängematte umgeben von einem Moskitonetz und lauscht dem Klang des Waldes.
Steckbrief Stephan Walgenbach
58, verheiratet mit Chanton, 4 Kinder, fährt Rennrad in D und in Kambodscha nur MTB wegen der Sicherheit und der Schlaglöcher. Sein Motorrad in Kambodscha ist eine Honda FTR 223, das beste Motorrad für diese Straßen überhaupt und noch wunderschön dabei. Seine Fotomarke ist Nikon und das für immer. Stativ braucht er kaum, alles frei Hand,
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Artikel über Zirkus Phare hier bei Visit Angkor.
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Schönes Thema und ich habe schon viele von Stephans Bildern in der erwähnten fb Gruppe genossen. Für mich ist der Blick in die Natur und das Einlassen auf die Natur inzwischen fast essentiell. Libellen, Schmetterlinge und Vögel (hier vor allem der Gesang) sind meine Drogen, die mir ganz tiefe Empfindungen bescheren.
Mit meiner „Kameraausrüstung“ werde ich nie solche Fotos machen aber das Glücksgefühl die Tiere zu sehen und ein unscharfes Bild zu machen ist vielleicht fast ähnlich……
Bin am packen und freue mich wie ein Kind.
Lieber Heiner,
ooooh, wie schön :-) Ich kann das soooo nachempfinden. War total hin und weg, als ich zum ersten Mal die tollen Fotos von Stephan gesehen hatte. Daher „musste“ auch unbedingt ein Artikel darüber erscheinen. Freu mich sehr, dass er Dir gefällt!
Wünsche Dir eine ganz wunderbare Zeit in Kambodscha <3
LG :)
Inga