Heute besuchen wir P., mein kambodschanisches Patenkind. Zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder lebt sie auf dem Gelände einer Ziegelfabrik in Kratie. Eine von rund 450 Ziegelfabriken in Kambodscha und die wir uns im Anschluss an unseren Besuch noch anschauen werden. P. und ihr Bruder gehen zur Schule. Die Mutter arbeitet in der Ziegelfabrik. Seit gut einem Jahr schicke ich ihr jeden Monat einen Geldbetrag an die von Thomas Tham gegründete Organisation Empowering Lives Asia (kurz ELA). Zusammen mit weiteren Kindern, die von anderen im Rahmen von ELA unterstützt werden, erhält sie monatlich das Geld in einer Pagode. Dort bekommen es all von einem Mönch im Rahmen einer Zeremonie überreicht. Ein mit Bedacht gewählter Ort, gelten Pagoden als eine Art Gemeindezentrum in Kambodscha.
50 kg Reis für eine Familie
Rund 20 Minuten dauert die Fahrt. Auf dem Weg machen wir noch einen Abstecher zum Markt. Dort wollen wir einen Sack Reis kaufen und eine Schulrucksack für P. Im Innern des Rucksacks landen noch 2 aus Deutschland mitgebrachte Präsente: Ein buntes Einhorn-Stickerheft mit Stiften und Glitzer und eine Tüte Süßes von meiner Erstgeborenen.
„Was kostet ein großer Sack?“, frage ich und deute mit weit ausgebreiteten Armen an, dass ich viel Reis kaufen möchte. Was die richtige Sorte angeht, so verlasse ich mich auf Thomas. Er kennt sich da besser aus, als ich. „25 $ für 50 kg“, antwortet er. Prima, ich kaufe einen. Zu zweit hieven Thomas und sein Begleiter den schweren Reissack ins Auto. Ein paar Schritte weiter am nächsten Stand schauen wir nach einem Schulrucksack. Schnell werden wir fündig und ergattern für 8 $ einen bunten, der prima zum Süßen und Einhorn-Stickerheft passt.
Ich bin aufgeregt und meine Anspannung steigt. Wie wird es sein, wenn ich P. zum ersten Mal begegne? Die Frau aus irgendwo, die jeden Monat etwas Geld schickt? Wir haben ja überhaupt keinen Kontakt miteinander. „Wie lange lebt eigentlich eine 3 köpfige Familie von 50 kg Reis?“, will ich wissen. „Ungefähr 8 Wochen“, erfahre ich von Thomas. Ich rechne nach. Das sind 833 Gramm für einen Tag. Knapp 277 Gramm für eine Person. 93 Gramm pro Mahlzeit.
Endlich sind wir da. F. schmeißt sich den Reissack locker über die Schulter. Entlang morastiger Pfade laufen wir zu einer kleinen Hütte. Davor eine Art Vorzelt, welches Schatten spendet. Darunter ein paar rote Plastikstühle, wie sie überall zu finden sind in Kambodscha. „Das ist unser Besprechungsraum“, höre ich Thomas sagen, „hier treffen wir uns einmal pro Woche.“
Kurze Zeit später kommt P. mit ihrer Mutter zum Besprechungsraum. Sofort erkenne ich die Beiden von einem Foto, welches Thomas mir geschickt hatte. Ihre Gesichter strahlen, als sie die Geschenke sehen und in Empfang nehmen. Beide sind sehr zurückhaltend und schüchtern. Englisch sprechen sie nicht und meine Kenntnisse der Khmer Sprache sind dürftig. Wobei: Ich habe uns alle auf Khmer vorgestellt. Knyom thschmoa Inga (ខ្ញុំឈ្មោះអ៊ីងហ្គា), goad thschmoa Thomas (គាត់ឈ្មោះថូម៉ាស) … :-)
Der magische Fadentrick
Doch mit ein paar kleinen Tricks gelingt es mir, die Sprachbarriere zu überbrücken und die Stimmung aufzulockern. Aus meiner Kindheit kenne ich noch das Fadenspiel. Dank meiner Zweitgeborenen besitze ich einen tollen Faden, den ich überall mit hinnehme in Kambodscha. Sobald sich die Gelegenheit ergibt, zeige ich meinen kleinen „Zaubertrick“: Das Verschwinden des Fadens vom Zeigefinger. Jedes Mal schauen mich große und staunende Augen an. Augen, die sich zum Ende des Tricks in ein breites Lächeln verwandeln.
Und dann haben wir ja noch das Geschenk, den Schulrucksack. Bei Kambodschanern ist es bekanntlich üblich, ein Geschenk nicht vor anderen zu öffnen, um die Akzeptanz zu zeigen. Dies aus dem Grund, dass sie alles, was ihnen gegeben wird, ohne persönlichen Wunsch dankbar annehmen sollen. Was auch immer in einem Geschenkpaket enthalten ist, es wird akzeptiert. Trotzdem ist die Neugierde natürlich groß. Also deute ich P. mittels Handzeichen an, die Tasche ein wenig zu öffnen, damit sie reinschauen und gucken kann, was drin ist. Das Ganze dauert einen Bruchteil von Sekunden. Tasche auf und flugs wieder zu. Diesen Moment und das strahlende Blitzen in ihren Augen werde ich nie vergessen!
Mit der Tüte Süßem von meiner Tochter ist das Eis dann endgültig gebrochen. Ich mache eine erstaunte Grimasse, während meine rechte Hand vorsichtig in die Tasche gleitet, einen Zipfel von der Tüte hinauszieht und sie knistern lässt. Gleichzeitig ertönt lautes Schmatzen aus meinem Mund. Sofort wissen alle, was ich meine, und lachen aus vollem Herzen. Von da an brauche ich immer nur den einen oder anderen Schmatzer von mir geben, wenn ich wieder das Lachen hören möchte.
Oft höre ich das Lachen. Sehr oft <3
Über Empowering Lives Asia (ELA) und Thomas Tham
Gemeinnützige soziale Gruppe, die es sich zur Aufgabe macht, Leben in Form von Patenschaften zu verändern mit laufender Betreuung und Begleitung vor Ort. Initiator ist Thomas Tham, der von allen liebevoll „Papa“ genannt wird. Er selbst hat als Kind die Schreckensherrschaft der Roten Khmer miterlebt. Sein damaliger Freund wurde getötet, weil er ein Ei gestohlen hat. Die Beiden hatten Hunger.
Gegründet wurde ELA auf den Philippinen. Hier unterstützt die Organisation Kinder, die in Kohlefabriken arbeiten.
If you do not have the strength to carry them then carry them with your heart of kindness.
Thomas Tham
Thomas engagiert sich für Infrastruktur, soziale und lebenspraktische Programme und bringt NGOs zusammen, um Ressourcen zu bündeln und miteinander zu teilen.
Als Fotograf hat Thomas Tham viele internationale Preise gewonnen und genießt hohes Ansehen für seine Arbeit zum Schutz von Kindern. Er hat viele Fans auf der ganzen Welt und seine herausragenden Arbeiten haben die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und viele Herzen berührt. Seine Werke wurden in Galerien ausgestellt und in vielen Magazinen veröffentlicht.
Gewinnaktion
Lange habe ich hin und her überlegt. Aber irgendwie passt zu diesem Beitrag keine Gewinnaktion, so wie bei den anderen Artikeln, die aktuell hier bei Visit Angkor alle 14 Tage unter dem Motto „Kambodscha 2022“ erscheinen. Also hab ich mir gedacht, das Ganze einfach umzudrehen und die Kinder „gewinnen“ lassen. Vielleicht magst Du ja eine Patenschaft übernehmen. Schreib mir eine E-Mail an [email protected] und ich stelle gern den Kontakt zu Thomas für Dich her. Oder Du kontaktierst ihn direkt selbst auf Facebook.
Alternativ magst Du vielleicht einen Betrag spenden. Dieser wird dann für besondere Anlässe zugunsten der Kinder verwendet, oder für Reis.
Tipp: Im vorigen Artikel gibt es eine Kaja-Tour zu den Irrawaddy Delphinen in Kratie zu gewinnen. Bis zum 26.11. hate noch niemand mitgemacht. Also hab ich die Aktion für diesen Gewinn um weitere 14 Tage verlängert. Die Gutscheine sind immer 24 Monate lang gültig. Viel Glück :-)
Affiliate*
Phare, der kambodschanische Zirkus
DAS Highlight in Siem Reap! Direkt Karten auf der Website von Zirkus Phare online kaufen*.
Artikel über Zirkus Phare hier bei Visit Angkor.
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Oh Inga, was für ein schöne Geschichte! Ich bekam beim Lesen leicht feuchte Augen…… Meine Lebenspartnerin hat zwei Patenkinder in Afrika und schon deswegen finde ich das Modell der Patenschaft gut. Eine Möglichkeit für uns „was zu tun“.
Ich bin gerade bei den Vorbereitungen für meine SOAsien Reise. 4 Wochen sind geplant aber die Ziele noch nicht festgelegt. Aber ein Projekt um vor Ort zu spenden werde ich sicher finden.
Schönen Tag dir!!!
Hallo Heiner,
ja, es war wirklich ein nachhaltiges Erlebnis für mich. Ich freue mich schon, wenn ich sie das nächste Mal wieder besuche. Vielleicht kann ich mich dann auch etwas mir ihr unterhalten. Die Khmer Sprache ist schon ganz schön tricky :-D Wünsche Dir eine tolle Reise in SO-Asien. Du wirst bestimmt ein tolles Projekt finden! LG :)